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Wir sind am glücklichsten, wenn wir unsere Zukunft planen, wenn wir unsere Phantasie und unseren Optimismus ohne Einschränkung spielen lassen können. Doch leider ist das Universum nicht immer mit unseren Plänen einverstanden.

Äbtissin Livia Butler,

aus den privaten Tagebüchern

 

 

Obwohl ihre Heirat längst beschlossene Sache war, ließen Serena und Xavier das extravagante Verlobungsbankett, das Viceroy Manion Butler in seinem Herrenhaus veranstaltete, glücklich über sich ergehen.

Emil und Lucille Tantor hatten Körbe mit Äpfeln und Birnen aus ihren Obstgärten und große Krüge mit gewürztem Olivenöl mitgebracht. Damit konnten die Gäste die frisch gebackenen Verlobungsbrötchen tränken. Manion Butler ließ knusprig gebratenes Rindfleisch, pikantes Geflügel und gefüllte Fische auffahren. Serena steuerte farbenfrohen Blumenschmuck aus ihren weitläufigen Gärten bei, die sie seit ihrer Kindheit pflegte.

Berühmte salusanische Künstler führten auf dem Hof Volkstänze mit Bändern vor. Die Frauen hatten ihr Haar mit juwelenbesetzten Kämmen festgesteckt und weiße Kleider angelegt, die mit Stickereien verziert waren. Die langen Röcke wirbelten um ihre Hüften, während die schmucken Männer sie wie balzende Pfauen umtanzten. Dazu ertönte von gefühlvollen Balisets begleitete Blasmusik.

Xavier und Serena trugen eindrucksvolle Trachten, die einem stolzen Offizier und der begabten Tochter des Viceroys der Liga angemessen waren. Sie waren ständig zwischen den Gästen unterwegs und achteten darauf, jeden Repräsentanten mit Namen anzusprechen. Das Paar wurde mit hervorragenden Weinen in staubigen Flaschen beschenkt, die von den Nachkommen jedes Haushalts mitgebracht wurden. Xavier, der keinen Unterschied zwischen den Jahrgängen schmeckte, passte auf, sich nicht zu sehr zu betrinken, zumal er bereits von der Aussicht auf seine bevorstehende Hochzeit berauscht war.

Serenas zwei Jahre jüngere Schwester Octa schien ähnlich aufgeregt zu sein. In ihr langes kastanienbraunes Haar hatte sie frische Kornblumen geflochten, und ihre Augen waren vor Erstaunen weit aufgerissen. Sie war entzückt vom Kavalier ihrer Schwester und phantasierte von einem hübschen jungen Offizier, der eines Tages ihr Ehemann werden sollte.

Es grenzte an ein Wunder, dass Serenas zurückgezogen lebende Mutter Livia gekommen war, um das Festwochenende auf dem Anwesen der Butlers zu verbringen. Manions Frau verließ nur selten die Stadt der Introspektion, eine Zuflucht, in der sie sich den Sorgen und Albträumen der Welt entziehen konnte. Das philosophische Refugium, das von einer Stiftung der Butlers verwaltet wurde, war ursprünglich als Einrichtung zum Studium des Zen Hekiganshu von III Delta Pavonis, der Tawrah und des Talmudischen Zabur und des Obeah-Rituals gegründet worden. Doch unter der Schirmherrschaft der Butlers war die Stadt allmählich zu etwas erblüht, das es seit Jahrtausenden nicht mehr gegeben hatte.

Xavier hatte Serenas Mutter nicht häufig gesehen und in den letzten Jahren noch weniger. Mit ihrer gebräunten Haut und der schlanken Figur war Livia Butler eine ansehnliche Schönheit. Sie freute sich aufrichtig über die Verlobung ihrer Tochter und schien großen Spaß daran zu haben, mit ihrem jovialen Gatten zu tanzen oder neben ihm am Banketttisch zu sitzen. Sie wirkte ganz und gar nicht wie eine Frau, die der weltlichen Existenz entflohen war.

Vor Jahren hatten viele Adelsfamilien Livia und Manion Butler um ihre solide Ehe beneidet. Serena war ihr ältestes Kind, aber es gab noch ein Zwillingspärchen, das zwei Jahre jünger war – die stille und schüchterne Octa und einen empfindsamen und intelligenten Jungen namens Fredo. Während Serena eine politische Ausbildung erhielt, wurden die Zwillinge gemeinsam aufgezogen, doch keiner der beiden hatte die ausgeprägten Ambitionen ihrer älteren Schwester.

Fredo war schon immer von Musikinstrumenten und Volksliedern fasziniert gewesen, von den Traditionen der bedeutendsten Planeten des ehemaligen Imperiums. Er hatte eine honigsüße Stimme und ließ sich zum Musiker und Poeten ausbilden, während Octa sich für Malerei und Bildhauerei interessierte. In der salusanischen Gesellschaft wurde Künstlern und kreativen Menschen viel Respekt entgegengebracht. Sie wurden genauso bewundert wie Politiker.

Doch im Alter von vierzehn Jahren war Fredo an einer tückischen Krankheit gestorben. Seine Haut war mit roten Flecken übersät gewesen, und über Monate war er immer magerer geworden, bis seine Muskeln völlig eingeschrumpft waren. Sein Blut gerann nicht mehr, und er konnte nicht einmal die dünnste Brühe im Magen behalten. Die salusanischen Ärzte hatten so etwas noch nie erlebt. Verzweifelt hatte Viceroy Butler die Liga um Hilfe gebeten.

Die Männer von Rossak hatten mehrere Medikamente, die sich noch im Experimentierstadium befanden, aus dem Dschungel ihres Planeten geschickt, mit denen sich Fredos unbekannte Krankheit möglicherweise therapieren ließ. Livia hatte darauf bestanden, alles auszuprobieren. Bedauerlicherweise reagierte der junge Mann sehr negativ auf das dritte Medikament von Rossak. Es löste eine Allergie aus, die seine Kehle anschwellen ließ. Fredo erlitt einen Krampfanfall und hörte auf zu atmen.

Octa hatte den Tod ihres Bruders betrauert und fürchtete nun auch um ihr Leben. Denn man stellte fest, dass Fredos Krankheit genetisch bedingt war, was bedeutete, dass auch für sie und ihre ältere Schwester das Risiko bestand, ein ähnliches Ende zu nehmen. Octa lebte sehr gesundheitsbewusst und verbrachte jeden Tag mit der Furcht, dass sie genauso schrecklich wie ihr Bruder sterben würde.

Die stets zuversichtliche und optimistische Serena versuchte ihre Schwester immer wieder zu trösten. An ihrer Schulter konnte sie sich jederzeit ausweinen. Obwohl die Schwestern keinerlei Symptome der geheimnisvollen Krankheit zeigten, hatten Octas Träume jeden Glanz verloren. Sie gab ihre Kunst auf und führte ein stilleres, nachdenklicheres Leben. Sie war kaum mehr als ein zartes Mädchen und hoffte auf einen wundersamen Funken, der ihr neuen Antrieb gab.

Trotz der brillanten politischen Karriere ihres Ehemannes, der von Jahr zu Jahr größere Erfolge feierte, hatte sich die einst temperamentvolle Livia aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, um sich auf philosophische und religiöse Fragen zu konzentrieren. Sie hatte der imposanten Festung des Geistes größere Geldsummen gespendet, mit denen zusätzliche Meditationsklausen, Tempel und Bibliotheken errichtet worden waren. Nachdem sie in vielen schlaflosen Nächten tiefgründige Diskussionen mit der Kogitorin Kwyna geführt hatte, wurde Livia zur Äbtissin der Einrichtung.

Nach der Familientragödie hatte sich Manion Butler in die Arbeit für die Liga gestürzt, während Serena eine größere Verantwortung auf ihren Schultern lasten spürte und sich höhere Ziele setzte. Obwohl sie nichts mehr für ihren Bruder tun konnte, wollte sie etwas gegen das Leid anderer Menschen unternehmen, wo sich auch nur eine Möglichkeit dazu bot. Sie stürzte sich auf die Politik, engagierte sich für die Abschaffung der Sklaverei, die auf vielen Welten der Liga immer noch praktiziert wurde, und schwor sich, nach einem Weg zu suchen, wie die Herrschaft der Denkmaschinen beendet werden konnte. Niemand hatte ihr je den Vorwurf gemacht, es würde ihr an einer Vision oder genügend Energie mangeln ...

Auch nachdem sie getrennt lebten, waren Manion und Livia Butler wichtige Stützen der salusanischen Gesellschaft geblieben. Sie waren stolz auf die Leistungen des anderen – ohne geschieden zu sein, ohne dass ihre Gefühle füreinander nachgelassen hätten. Sie hatten sich lediglich in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Xavier wusste, dass Serenas Mutter gelegentlich nach Hause kam, um ein paar Nächte mit ihrem Mann zu verbringen und am Wochenende ihre Töchter zu sehen. Doch anschließend kehrte sie jedes Mal in die Stadt der Introspektion zurück.

Serenas Verlobung war bedeutend genug, um ihre Mutter wieder in die Öffentlichkeit zu locken. Nachdem Xavier viermal hintereinander mit seiner künftigen Braut getanzt hatte, bestand Äbtissin Livia darauf, mit ihrem künftigen Schwiegersohn zu tanzen.

Später, während einer längeren Akustikpassage mit den »Balladen vom Langen Marsch«, die von einer salusanischen Kapelle gespielt wurden, zogen sich Xavier und Serena ins Herrenhaus zurück. Livia weinte hemmungslos, als sie sich erinnerte, dass Fredo ebenfalls Musiker hatte werden wollen. Manion saß neben seiner Frau und hielt sie im Arm.

Obwohl das Fest zu ihren Ehren stattfand, hatten Xavier und Serena allmählich genug vom Trubel, vom Begrüßen der Gäste und vom Einsammeln der Geschenke. Sie lachten über jede halbwegs geistreiche Bemerkung, um keinen Vertreter der großen Familien zu beleidigen. Nun sehnten sich die beiden danach, wenigstens ein paar Augenblicke miteinander allein sein zu können.

Irgendwann schlichen sie sich fort und eilten durch die Korridore des Hauses, an warmen Küchen und muffigen Speisekammern vorbei, bis sie eine kleine Nische außerhalb des Wintersonnenzimmers erreichten. Im Winter zeichnete der schräg einfallende Sonnenschein bronze getönte Regenbogen in diesen Raum. Hier nahm die Familie Butler während der kalten Jahreszeit traditionell ihr Frühstück ein; hier konnten sie plaudern und den Sonnenaufgang beobachten. Serena verband angenehme Erinnerungen mit diesem Zimmer.

Sie zwängte sich mit Xavier in die Nische. Leuchtstreifen erhellten den eigentlichen Raum, doch es gab noch etliche Schatten. Serena zog ihn an sich und küsste ihn. Er legte eine Hand hinter ihren Kopf und streichelte ihr Haar, dann beugte er sich herab und erwiderte ihren Kuss mit hungriger Leidenschaft.

Als sie eilige Schritte im Korridor hörten, verstummten die Liebenden und amüsierten sich lautlos über ihr geheimes Rendezvous. Doch die muntere Octa spürte sie problemlos auf. Sie errötete verlegen und wandte den Blick ab. »Ihr müsst wieder in den Bankettsaal kommen. Vater macht sich bereit, das Dessert zu servieren. Und ein Bote hat sich angekündigt.«

»Ein Bote?« Plötzlich klang Xavier wieder militärisch offiziell. »Von wem?«

»Er ist per Raumschiff nach Zimia gekommen und hat nach einer Audienz mit dem Parlament verlangt. Doch da die meisten Edlen Gäste eurer Verlobungsfeier sind, hat er sich auf den Weg zum Hügel gemacht.«

Xavier bot beiden Schwestern seine Arme an, um sie zu führen. »Lasst uns gemeinsam zurückgehen, damit wir uns anhören können, was der Bote zu melden hat.« Er zwang sich zu einem lockeren Tonfall. »Außerdem habe ich heute noch nicht genug gegessen. Ich könnte eine Schüssel mit gerösteter Vanille und einen ganzen Teller mit kandierten Eiern verdrücken.«

Octa kicherte, doch Serena warf ihm einen ernsten Blick zu. »Ich schätze, ich werde mich damit abfinden müssen, eines Tages an der Seite eines völlig verfetteten Ehemannes zu leben.«

Sie traten in den großen Saal, wo sich die Gäste an einem langen Tisch versammelt hatten, um die gelungene Anordnung der Desserts zu preisen, die viel zu schön aussahen, um gegessen zu werden. Manion und Livia Butler standen nebeneinander und ließen die Gäste auf das junge Paar anstoßen.

Xavier nippte höflich von seinem Weinglas und bemerkte, dass der Viceroy leicht besorgt wirkte. Jeder versuchte zu verdrängen, dass der Bote möglicherweise schlechte Nachrichten brachte, doch als ein Pochen an der Tür ertönte, erstarrte plötzlich jede Aktivität. Manion Butler öffnete persönlich die schwere Holztür und winkte dem Mann, einzutreten.

Es war kein offizieller Kurier. Seine Augen blickten gehetzt, und seine Offiziersuniform war in Unordnung, als wären ihm alle Formalitäten gleichgültig geworden. Xavier erkannte die Abzeichen der Bürgerwehr von Giedi Primus. Wie an allen Uniformen der Liga-Welten steckte auch an seinem Revers das goldene Siegel der freien Menschheit.

»Ich habe eine ernste Mitteilung zu machen, Viceroy Butler. Ich bin mit den schnellsten Schiffen direkt hierher gekommen.«

»Was gibt es, junger Mann?« Manions Stimme klang zutiefst besorgt.

»Giedi Primus ist an die Denkmaschinen gefallen!« Der Offizier hob die Stimme, als die Gäste mit Bestürzung reagierten. »Die Roboter und Cymeks haben eine Schwachstelle unserer Verteidigung ausgenutzt und die Generatoren für die Störfelder vernichtet. Viele Menschen wurden getötet und die Überlebenden versklavt. Ein neuer Omnius-Allgeist wurde bereits aktiviert.«

Die Anwesenden klagten laut über diese erschreckende Niederlage. Xavier drückte Serenas Hand so fest, dass er befürchtete, ihr wehzutun. Er spürte eine unendlich schwere Last, als hätte sich sein Inneres in kalten Stein verwandelt.

Er war erst vor kurzem auf Giedi Primus gewesen und hatte persönlich die Verteidigungseinrichtungen inspiziert. Er hatte sich nur darauf gefreut, dass seine Rundreise bald vorbei sein würde und er zu Serena zurückkehren konnte. Hatte er etwas Wichtiges übersehen? Er presste die Augenlider fest zusammen, als die Fragen und fassungslosen Bemerkungen ihn umschwirrten. War er schuld an allem? Hatte er einen Fehler begangen? Lag es nur an der Ungeduld eines verliebten jungen Mannes, dass ein ganzer Planet gefallen war?

Manion Butler stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab. Livia fasste ihn an den Schultern, um ihm weiteren Halt zu geben. Sie schloss die Augen und bewegte die Lippen, als würde sie ein Gebet sprechen.

Der Viceroy ergriff das Wort. »Wieder ist ein freier Planet an die Synchronisierten Welten verloren gegangen, eine unserer wichtigsten Festungen.« Er richtete sich auf und atmete zitternd ein. »Wir müssen unverzüglich den Kriegsrat einberufen und alle Repräsentanten versammeln.« Mit einem bedeutungsvollen Seitenblick auf Serena fügte er hinzu: »Außerdem wollen wir jeden hinzubitten, der für die Unverbündeten Planeten sprechen kann und uns bei diesem Kampf unterstützen möchte.«

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